Wechselwirkung zwischen Rohrleitungen und Boden

Leitung: Prof. Dr.-Ing. Martin Achmus
Bearbeiter: Dr.-Ing. Ingo Weidlich
Laufzeit: Abschluss 2008

Einführung

Die temperaturinduzierten Bewegungen erdverlegter Fernwärmeleitungen (FW- Leitungen) führen durch die Interaktion mit dem anstehenden Boden zu Umlagerungsprozessen im Kontaktbereich Rohr-Boden. Dabei finden sowohl Kornumlagerungen als auch damit verknüpfte Spannungsumlagerungen statt. In axialer Richtung führt dies zu einer Abnahme der Reibkraft, die gemeinhin als Tunneleffekt oder Tunnelbildung bezeichnet wird. Nach FW401 ist bei Tunnelbildung pauschal mit dem halben Reibungskoeffizienten µ zu rechnen. Es wurden umfangreiche experimentelle und numerische Untersuchungen durchgeführt, in denen die axiale Verschiebung getrennt von anderen Einflußgrößen, wie zum Beispiel der radialen Aufweitung, betrachtet wurde. Dabei wurde eine wesentlich komplexere Abnahme der Reibungskräfte in Abhängigkeit der Zyklenzahl offensichtlich.

FW- Versuchsstand

Abb.1: FW- Versuchsstand Abb.1: FW- Versuchsstand Abb.1: FW- Versuchsstand
Abb.1: FW- Versuchsstand

Zur Untersuchung des Interaktionsverhaltens Rohrleitung-Boden wurden am IGBE in einem eigens für diesen Zweck entwickelten Versuchsstand Reibungsversuche zwischen handelsüblichen Fernwäremleitungrohren und Sand in einem Kasten eines Volumens von ca. einem Kubikmeter durchgeführt. In diesem Versuchskasten (FW- Versuchsstand, siehe Abb. 1) wird das Rohr zyklisch hin und her bewegt. Die Länge des Kontaktbereiches zwischen Rohr und Boden beträgt in dem Versuchskasten 120 cm. Die Versuche wurden trocken durchgeführt. In den Versuchen fällt die Erddruckspannung auf das Rohr in den ersten Zyklen ab und es stellt sich danach eine residuale Reibung ein. Es wurden in den experimentellen Untersuchungen 10 Zyklen untersucht.

 

Messtechnik

Abb.2: Kalibrationsstand für die TEKSCAN Sensorfolie Abb.2: Kalibrationsstand für die TEKSCAN Sensorfolie Abb.2: Kalibrationsstand für die TEKSCAN Sensorfolie
Abb.2: Kalibrationsstand für die TEKSCAN Sensorfolie

Mit konventioneller Messtechnik wurden die Setzungen und Verschiebungen des Rohres und die dafür erforderliche Kraft gemessen. Dabei kamen Wegaufnehmer und eine Krafmesszelle der Firma AHLBORN zum Einsatz. Zudem wurde in ausgewählten Versuchen die Kontaktspannung auf das Rohr mit einer druckempfindlichen Folie gemessen. Dafür kam ein Druckfolienmesssystem der Firma TEKSCAN zum Einsatz. Die Folie wurde auf den Rohrmantel appliziert und in einem dafür entwickelten Kalibrationsstand kalibriert. Der Kalibrationsvorgang ist sehr aufwendig und durchläuft mehrere Stufen. Hierfür ist es zu empfehlen, dass die Folie bereits beim Kalibrieren die Krümmung für die spätere Messung erhält. Abb. 2 zeigt den Kalibrationsstand, in dem diese Anforderung gegeben war.

 

Ergebnisse

Gleichung 1: Abnahmefaktor DF als Funktion der Überdeckungshöhe für dichte Lagerung (Dr=0,7) Gleichung 1: Abnahmefaktor DF als Funktion der Überdeckungshöhe für dichte Lagerung (Dr=0,7) Gleichung 1: Abnahmefaktor DF als Funktion der Überdeckungshöhe für dichte Lagerung (Dr=0,7)
Gleichung 1: Abnahmefaktor DF als Funktion der Überdeckungshöhe für dichte Lagerung (Dr=0,7)

Durch die Variation der Überdeckungshöhe und der Lagerungsdichte wurde festgestellt, dass die Reibungskräfte infolge zyklischer axialer Verschiebung des Rohres bei mitteldichter bis dichter Lagerung immer abnehmen. Bei einer lockerer Lagerung wurde eine Zunahme der Reibungskräfte beobachtet. Der Absolutwert der Kontaktspannung hatte dabei eine untergeordnete Bedeutung. Allerdings wurde tendenziell eine Zunahme der Reibkraftabnahme mit ansteigender Überdeckung und damit ansteigender Kontaktspannung beobachtet. Für einen Abnahmefaktor DF=Fi/F0 ergab sich aus ca. 60 Versuchen für dichte Lagerung (Dr=0,7) in Abhängigkeit der relativen Überlagerungshöhe die empirische Gleichung 1.

Abb.3: Spannungszustand am Rohr links vor und rechts nach 10 Verschiebungszyklen Abb.3: Spannungszustand am Rohr links vor und rechts nach 10 Verschiebungszyklen Abb.3: Spannungszustand am Rohr links vor und rechts nach 10 Verschiebungszyklen
Abb.3: Spannungszustand am Rohr links vor und rechts nach 10 Verschiebungszyklen

Die Messung der Kontaktspannung am Rohr ergab bei den Versuchen mit Folienmessung bei mitteldichter Lagerung (Dr=0,4) das Abbild eine typischen Spannungsverteilung am Rohr, mit einer Spannungskonzentration am Scheitel und an der Sohle. Nach 10 Zyklen wurden diese Kontaktspannungen umgelagert und es war eine näherungsweise konstante Kontakspannung über den Rohrmantel zu verzeichnen. Abbildung 3 zeigt die Normalspannungsverteilung auf den Rohrmantel vor und nach 10 Verschiebungszyklen.

 

Für eine dichte Lagerung waren die Spannungskonzentrationen an Scheitel und Sohle nicht deutlich erkennbar. Dies ist auf einen Verdichtungserddruck im FW- Versuchsstand zurückzuführen, der sich infolge des Sandeinbaus einstellte. Die Reibkraftabnahme konnte allerdings auch quantifizert werden und lag im Bereich der mit der Kraftmesszelle gemessenen Abnahmefaktoren.

Publikationen

[1] I. Weidlich, M. Achmus, Reduction of friction forces between soil and buried district heating pipes due to cyclic axial displacements, 10th International Symposium on District Heating and Cooling, German Heat and Power Association AGFW, Hannover, 2006

[2] I. Weidlich, M. Achmus, Numerische Untersuchung der axialen Interaktion zwischen Fernwärmeleitungen und Boden, 19. Deutschsprachige Abaqus - Benutzerkonferenz, Baden - Baden, 2007

[3] I. Weidlich, Untersuchung zur Reibung an zyklisch axial verschobenen erdverlegten Rohren, Promotionsschrift, Mitteilungsheft 64 am Institut für Grundbau, Bodenmechanik und Energiewasserbau der Leibniz Universität Hannover, 2008

[4] I. Weidlich, M. Achmus, Measurement of Normal Pressures and Friction Forces Acting on Buried Pipes Subjected to Cyclic Axial Displacements in Laboratory Experiments, Geotechnical Testing Journal, Vol. 31, No. 4, pp. 334-343, 2008

[5] I. Weidlich, M. Achmus, Numerical Investigation on the axial Interaction between buried District Heating Pipes and Soil, The 11th International Symposium on District Heating and Cooling, Reykjavik, Iceland, 2008

[6] I. Weidlich, Untersuchung zur Größe der Reibungskräfte zwischen Fernwärmeleitungen und Boden, 30. Baugrundtagung der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik (DGGT) in Dortmund, Spezialsitzung "Forum für junge Geotechnik-Ingenieure", 2008

[7] I. Weidlich, M. Achmus, Zur Reibung an erdverlegten Fernwärmeleitungen, Euroheat & Power, Heft 11, 37. Jg., S. 38 bis 42, 2008